"Wenn sie nicht mehr lebt, behalte ich alle diese Erinnerungen in meinem Herzen –
das geht mir nicht verloren. Es ist ein großer Trost, dass ich trotz der fortschreitenden
Demenz noch mir ihr verbunden bin, auch wenn Worte fehlen und ein gemeinsamer
Austausch nicht mehr möglich ist." (Petra, sorgende Angehörige einer Mutter mit Demenz)
Im ersten Teil dieses Blog-Beitrags habe ich dir gezeigt, was die „Musikalische Biografie“ eines Menschen ist und warum sie für das Musizieren mit deinen an Demenz erkrankten Eltern so wichtig ist.
Wie Petra oben schreibt, kann Musik dich mit deiner Mutter, deinem Vater verbinden – und dich auf dem Weg des Abschieds auch trösten.
Als sorgender und/oder pflegende*r Angehörige*r wirst du mit deiner Mutter / deinem Vater immer wieder Auf und Abs erleben. Vielleicht erlebst du auch immer mal wieder „herausfordernde Verhalten“ wie man es bei Menschen mit Demenz nennt. Du erlebst, dass der Alltag und die Kommunikation mit ihnen schwierig sein kann.
Sich „im Augenblick begegnen“ und dabei neben allen Herausforderungen auch immer wieder das Schöne, das Verbindende zwischen dir als Kind und deiner Mutter, deinem Vater, zu erleben, das ist mit Musik möglich!
Gerade dann, wenn es richtig anstrengend für dich ist, du gar nicht mehr weißt, wie es weitergehen soll: dann kann das gemeinsame Musizieren Wunder wirken: ein kleines Lied singen, ein paar Momente mit der Tischharfe spielen oder auch gemeinsam ein Musikstück anhören, das kann in einer angespannten Situation den Stress rausnehmen und ihr könnt miteinander entspannen.
Erinnerst du dich an die Momente der gemeinsamen Umbeschwertheit in deiner Kindheit? Gemeinsam mit den Eltern bist du vielleiciht über die Wiese gerannt, lachend und jauchzend. Oder am Morgen nach dem Aufstehen: da gab´s vielleicht eine wilde Kissenschlacht. Ach war das schön, diese Unbeschwertheit zwischen Kind und Mama und/oder Papa. Einfach ohne Gedanken an das Gestern oder Morgen.
Schau: beim gemeinsamen Singen und Musizieren, wenn du dich wirklich von ganzem Herzen auch darauf einlässt, kann euch das wieder passieren. Gemeinsam könnt ihr im Moment leben, völlig unbeschwert und voller Frieden und Freude. Probier es doch mal aus!
Es ist immer wieder schön, wenn man in der Familie kleine „Highlights“ gemeinsam erleben kann. Man plant gemeinsam, was man unternehmen möchte und dann ist die Vorfreude darauf riesig.
Auch wenn deine Mutter oder dein Vater an Demenz erkrankt ist, könnt ihr noch weiterhin „Highlights“ gemeinsam erleben. Und mit Musik sind die umso schöner! Was meine ich damit?
An immer mehr Orten werden Konzerte für Menschen mit Demenz angeboten (das sind oft kürzere Konzerte, manchmal moderiert, man kann Mitsingen o.ä.). Schau gerne bei dir vor Ort bei Orchestern, professionellen Ensembles und Opernhäusern, ob sie etwas anbieten.
Eine andere Idee: Hol dir ab und zu Unterstützung und lade ehrenamtliche und/oder professionelle Begleiter*innen fürs Musizieren nach Hause ein wie z.B. Lebenslang-Musik-Begleiter*innen, Musiktherapeuten oder Musikgeragogen. Suchen und Finden kannst du solche Menschen über die Recherche im Internet oder auch über die jeweiligen Verbände.
Begegnungen von Menschen mit Demenz und Kindern: Ja, unbedingt!
Gemeinsam mit den Enkelkindern, anderen Kindern aus der Familie, Kirchengemeinde oder Nachbarschaft kann das generationsverbindende Musizieren zu einem richtig schönen Highlight werden.
Setze musikalische "Highlights" wie beispielsweise:
Corona hat manches Treffen und Gemeinsamkeiten erschwert, gerade auch für und mit älteren, betagten und demenzkranken Menschen war es schwierig. In dieser Zeit wurde ich sehr kreativ und wollte ja trotzdem den Senior*innen das Musizieren ermöglichen. Kurzerhand habe ich einfach am Telefon mit ihnen gesungen. Ja, das geht!
Auch Regina, eine Lebenslang-Musik-Begleiterin hat mit ihrer Schwiegermutter am Telefon gesungen und das kam super an – auf beiden Seiten.
Bei einer leichten bis mittelschweren Demenzerkrankung kann ich dir empfehlen, am Telefon zu singen: ein, zwei Lieder und ein kleines Gespräch drumherum: und schon ist ganz viel Freude und Nähe da!
Wie kannst du deiner Mama/ deinem Papa noch nah sein, auch wenn du weiter weg wohnst? Indem sie vielleicht deinen Gesang auf den Ohren haben können: nimm dich beim Singen auf oder noch mehr: macht eine Familien-CD daraus und verschenkt sie Mama oder Papa zu Weihnachten
Mit Musik kannst du deinen Eltern auch dann nah sein, wenn du weit(er) weg wohnst oder eben auch nicht so viel Zeit hast, um sie selbst zu pflegen.
Und auch die Pflege, das „Drumherum“ darf gut und stimmig für deine Eltern und für dich gestaltet sein. Dabei darf es dir als sorgendes Kind gut gehen, ohne ständige Gewissenskonflikte und innere Unruhe, weil du nicht ständig vor Ort sein kannst.
"Manchmal nehme ich auch ihre Hände und bewege sie gemeinsam mit meinen zum Takt der Musik. So können wir unsere gemeinsame Zeit noch miteinander teilen."
Was Petra als sorgende Tochter beschreibt, das wünsche ich dir von ganzem Herzen mit deiner Mutter, deinem Vater: Nähe erleben, Innigkeit und die gemeinsame Zeit, die euch bleibt, in Liebe miteinander teilen. Ich wünsche dir, dass du – auch mit der Kraft der Musik – getröstet und gestärkt wirst.
Ich wünsche dir, dass ihr auch mit der Demenzerkrankung ein Leben lang Familie bleiben könnt.
Herzlichst
Anette
PS: Hat dir der Blog-Beitrag mit den Impulsen gefallen? Dann freue ich mich über deine Nachricht an mail@lebenslang-mensch.de und über deine wohlwollende Bewertung.
Du möchtest mehr darüber erfahren, wie du mit Musik Lebensfreude für Menschen im hohen Lebensalter (mit und ohne Demenz) erlebbar machen kannst? Hier kannst du mehr erfahren über das Programm Lebenslang Musik.