„Du, du liegst mir im Herzen…“. Beide sind wir jetzt sehr berührt: Hildegard (91 Jahre) und ich singen gemeinsam dieses alte Volkslied. Wir singen von der Liebe, von der Erinnerung an die Liebe, von Sehnsucht und vom Leben. Gleich werde ich mit ihr noch dazu im Sitzen ein paar stimmige Tanzbewegungen machen. Und danach spielen wir noch auf der „Zauberharfe“.
Schon in meiner langjährigen Arbeit als Pädagogin, Musikpädagogin und Musikvermittlerin konnte ich immer wieder erleben, was das gemeinsame Musizieren bereits mit den Kleinsten und Allerkleinsten macht: begeisterte Augen, ein bewegter Körper und ganz viel Raum für die Gefühle. Und die Musik hat ohne Worte, fast wie „Magie“ eine starke Verbindung zwischen den Kindern, den Lehrern, den Eltern und wer auch immer beim Musizieren noch dabei war, hergestellt.
Ist das anders beim Musizieren mit Senioren? Nein, überhaupt nicht. Das habe ich auch später dann als Musikgeragogin festgestellt: Musik wirkt und bewegt. Bei musikalischen Hausbesuchen bei betagten Menschen, beim Musizieren im Pflegeheim mit kleinen Gruppen oder auf den Zimmern der Bewohner*innen. Auch bei Fensterkonzerten oder kleinen Wohnzimmerkonzerten bei Senioren war sie wieder da: die ganz besondere „Magie“ der Musik, die den Menschen ein Leben lang erreicht!
Aus der Forschung wissen wir mittlerweile, dass die Musik – das Musikhören und noch viel mehr das aktive Musizieren – auf das gesamte Gehirn wirkt. Es gibt nicht einen Bereich im Gehirn, der für die Musik „zuständig“ ist. Es werden unterschiedliche Bereiche angesprochen, Nerven stimuliert, Handlungen wie das Bewegen zur Musik angeregt und die Erinnerung geweckt.
Beim Musizieren mit Senioren mit Demenz erleben wir, wie die Texte auf einmal komplett mitgesungen werden. Die Worte sind wieder da – oft nur für die Dauer des Musizierens. Der Mensch, seine Identität und sein Leben blühen auf!
Musik wirkt auf den Körper, den Geist und die Seele. Also ganzheitlich. Auch wenn das Wort „ganzheitlich“ mittlerweile allzu oft verwendet wird: bei der Musik trifft es absolut zu!
Ob beim gemeinsamen Singen, Musikhören, Tanzen, Musizieren, beim Sprechen über die Musik und das Leben – bei einem Lebenslang-Musik-Angebot steht eines im Vordergrund: dass wir uns beide – die Senioren und ich als Lebenslang-Musik-Begleiterin – auf Augenhöhe begegnen. Damit meine ich, dass wir Lebenslang-Musik-Begleiter*innen zwar diejenigen sind, die das Musizieren mit Senior*innen ermöglichen und sie einladen und manchmal auch ermutigen. Aber wir sind viel mehr auch die Begleiter, mal die Gebenden und oft die Beschenkten:
Wir lernen im gemeinsamen Austausch Neues. Wir hören von den Erfahrungen, den Erlebnissen, lernen die Lieder der Senioren. Beim gemeinsamen Musizieren profitieren wir beide und tanken Lebensfreude auf.
„Du gehörst dazu! Du kannst etwas!“ – ob mit Demenzerkrankung oder ohne – mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen oder ohne:das ist nicht das Thema, das steht nicht im Vordergrund. Sondern das gemeinsame Musikerlebnis macht uns beide einfach so ganz lebendig.
Wer sagt eigentlich, dass alle Senioren Volkslieder und Schlager mögen? Klar, die Senioren, die heute im hohen Alter sind, haben oft noch ein gemeinsames „Liedgut“ und haben vielleicht in der Schule dieselben Lieder gelernt (und kennen oftmals zum Staunen Jüngeren nicht selten noch viele Strophen auswendig).
Aber doch hat schon heute jeder einzelne Menschen bis ins hohe Alter eine ganz individuelle musikalische Biografie. Und das wird noch zunehmen. Ob Rockmusik oder Klassik, Techno, Pop, Jazz, HipHop, Elektro: bald werden Generationen im hohen Alter sein, die ganz viele unterschiedliche Musikstile mögen. (Wie das mit dem gemeinsamen Musizieren dann sein wird, darauf bin ich gespannt!).
Auf jeden Fall kann ich eines aus meiner Erfahrung sagen: Beim Musizieren mit Senioren (und dafür will ich dich hier und jetzt begeistern 😉) dürfen wir jeden einzelnen Menschen in den Mittelpunkt stellen – und dabei dessen ganz eigene „musikalische Biografie“ berücksichtigen.
Und wie geht das konkret, die „musikalischen Biografie“ zu berücksichtigen? Was kann man alles mit Musik machen? Und wie gestaltet man ein schönes, rundes Musik-Angebot für und mit Senioren? Ein Angebot, das über das gemeinsame Singen hinausgeht?
Dafür habe ich die Lebenslang-Musik-Ausbildung entwickelt. Es macht mir große Freude mein Wissen, meine Erfahrungen und Ideen mit den Teilnehmern*innen zu teilen. Schon über sechzig Lebenslang-Musik-Begleiter*innen konnte ich ausbilden. Wer sind die Teilnehmer*innen? Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Sie sind Musiker*innen, Betreuungskräfte, Angehörige, Engagierte aus Kirchengemeinden oder Nachbarschaftshilfen. Sie sind musikbegeisterte Menschen, die ihre Leidenschaft und Freude an der Musik und ein Engagement für Senioren verbinden möchten. Also eine spannende Mischung aus der sich ganz viel bereichernder Austausch entsteht. Nach der Ausbildung wissen alle Teilnehmer*innen um ihren „Koffer voller Möglichkeiten“ und haben viele Anregungen und Methoden im Gepäck. Dann musiziert es sich nämlich nicht nur mit noch mehr Freude, sondern es macht auch zufriedener, mutiger und sicherer, wenn man weiß, was man wie tun kann.
Weil es so viel Freude bei der Lebenslang-Musik-Ausbildung gemacht hat, sind viele auch danach weiter im Austausch, vertiefen ihr Wissen und teilen ihre Erfahrungen beim Musizieren mit Senioren: im Lebenslang-Musik-Mitgliederbereich.
Konnte ich dich neugierig machen? Möchtest du per E-Mail informiert werden, wann die nächste Ausbildung zum/zur Lebenslang-Musik-Begleiter*in startet?
Dann trage dich einfach gleich in die Warteliste ein – ganz unverbindlich und erhalte alle Infos für Lebenslang Musik – Musizieren mit Senioren:
Hier geht's zur Warteliste von Lebenslang Musik.
Bis ganz bald!
Herzlichst,
Anette